Meine Frau machte ja nun erfolgreich ihren Führerschein und als ich das so mitbekam musste ich ja doch an der ein oder anderen Stelle schmunzeln, denn der Ablauf ist – wie so vieles in China – eher etwas ungewöhnlich.
Zu erst einmal muss man sich natürlich registrieren. Wir fuhren dazu zur örtlichen Dorf-Fahrschule, die vermutlich zu groß wie die 5 größten, deutschen Fahrschulen zusammen war. Dort angekommen werden Daten erfasst, ein Foto gemacht und ca. 5 Seiten eines Dokuments abgestempelt und auf jeder Seite unterschrieben. Dann geht es erst einmal nach Hause an’s Lernen. Denn bevor man in China überhaupt in ein Auto steigen darf, muss man erst einmal eine erste Theorieprüfung bestehen. Finde ich ansich nicht so verkehrt. Das Lernen ansich geht schnell, den Termin für die Prüfung bekommen jedoch nicht so sehr. Die Fahrschule ist groß und die Bewerberanzahl ist anscheinend riesig, so kann das dann trotz computerbasierter Prüfung schon einmal dauern, bis man einen Termin bekommt.
Sobald das abgehakt ist, kann man endlich mal rumkurven. Allerdings noch nicht im Straßenverkehr, sondern erst einmal auf einem Verkehrsübungsplatz. Dort lernt man dann in einzelnen Schritten Dinge wie fahren um die Kurve, fahren im Tunnel und natürlich einparken. Das ganze ausschließlich auf dem Verkehrsübungsplatz wohlbemerkt, ohne weitere Fahrzeuge in unmittelbarer Nähe. Besonders das Einparken machte auf mich einen eher lustigen und sinnfreien Eindruck, denn es wird penibel genau darauf geachtet, dass man Linien nicht überfährt, exakt an einem gewissen Punkt anhält und vor allem läuft das alles nur im Standgas ab. Wie man so richtig Autofahren lernen soll, ist mir ein Rätsel und… naja, man sieht es ja am chinesischen Straßenverkehr, dass es vermutlich etwas bessere Wege gäbe. Dass man nicht einfach zwei Schrottautos hinstellt und die Leute dazwischen einparken lässt, liegt vermutlich daran, dass die zweite Prüfung – eben jenes Einparken, Kurvenfahren, etc. – auch computerbasiert ist und man eben genau auf der Linie anhalten muss, sonst registriert der Computer im Auto das als „durchgefallen“.
Das hat also zur Folge, dass auf dem (riesigen) Verkehrsübungsplatz so ca. 20 Fahrschulautos im Standgas rumgurken und entweder einparken oder um eine Kurve fahren und sich dabei sogar aus dem Fenster lehnen, damit sie die Linie auf dem Boden gut sehen. Das hat meines Erachtens soviel mit richtigem Autofahren zu tun, wie chinesische Nudelsuppe mit italienischer Pasta. Das ganze dauert dann auch hier wieder etliche Tage / Wochen, da es einfach zuviele Schüler gibt und man immer auf andere warten muss. So übt man dann das Einparken innerhalb von 5 Stunden gerade ein paar mal. Der nächste Schritt ist das Lernen der Lichtsignale. Fernlicht, Blinker, Licht, Lichthupe, etc. Dazu gibt es ein Gerät im Auto, welches Situationen im Straßenverkehr simultiert und man dann das entsprechende Signal betätigen muss. Die Situation „Sie wollen links abbiegen“ erfordert natürlich, dass man den Blinker links setzt und „Sie wollen überholen“ erfordert in China in der Tat, dass man ein Überholmanöver mit der normalen oder gar Lichthupe ankündigt. Das ganze findet wohlbemerkt bei komplettem Stillstand des Fahrzeuges statt. Setzt man ein falsches Signal, gibt es Punktabzug. Hat man das alles erfolgreich trainiert, kann man endlich zur zweiten und damit ersten praktischen Prüfung. Auch hier muss man sich bezüglich eines Termines wieder sehr gedulden.
Der Rest geht dann immerhin relativ schnell. Nun endlich (nach ca. 2 Monaten des Rumgurkens im Standgas) kann man etwas im Straßenverkehr rumfahren. Hierbei gab‘ es überraschend wenig Auffälligkeiten, außer dass in der dritten und somit zweiten praktischen Prüfung von einem abverlangt wird, dass man mind. 5 Sekunden mit gleichbleibender Geschwindigkeit einfach nur gerade aus fährt. Das ist in China leicht gesagt, als getan, da hier einfach ständig Menschen oder andere Fahrzeuge deine Fahrbahn kreuzen und so etwas wie Vorfahrt hier nicht existiert. Springt theoretisch jemand vor dein Fahrzeug und du must abbremsen, ist man durchgefallen. Ja, der Sinn erschließt sich auch mir nicht so ganz, aber wer weiß wieso das so ist und woher das kommt.
Hat man das alles hinter sich, gibt es nur noch eine Prüfung. Die insgesamt viert und somit zweite theoretische Prüfung. Ist auch diese bestanden, wartet man im Prinzip nur noch, dass man seinen Führerschein (ein einlaminiertes grüßes Papierchen) abholen kann und schon ist man offiziell „fit für den Straßenverkehr“. Jawohl, wenn man erst einmal die Fahrschule hier gesehen hat, weiß man, wieso der Verkehr teilweise so komisch ist. Hier wird ja teilweise seelenruhig auf der Hauptstraße gewendet und alle müssen warten (was lustigerweise auch alle seelenruhig tun und sich keiner wirklich „aufregt“ wie in Deutschland) und rückwärtsfahren und / oder einparken passiert hier generell nur im Schneckentempo. Kein Wunder auch, dass alle Automatik fahren und viele Chinesen meiner Ansicht nacht Probleme mit dem Schalten haben, wenn 80 % der Fahrschule in Standgas abläuft oder alle nur Autos mit Rückfahrkamera haben, wenn sie nie wirklich einparken in Realsituationen lernten.
Das klingt alles total lustig und „bizarr“, aber ich bin der Meinung, dass es aufgrund der Menschenmassen, die hier mobil sein wollen, nicht anders geht. Hier muss man einfach mal in die entgegengesetzte Richtung fahren oder auf die zweite Gegenfahrspur ausweichen, damit es „weiter geht“. Genauso wie man manchmal auch einfach mal warten muss, bis jemand gewendet oder ein- / ausgeparkt hat. Fußgänger haben sich genauso damit arrangiert und passen selbst bei grüner Fußgängerampel auf, denn es kommen ständig noch Autos angerauscht. Teilweise sieht man hier Frau mit Kind im Kinderwagen, auf einer riesigen Kreuzung, zwischen 20 Autos, die auch jeweils kreuz und quer fahren. Jeder schlängelt sich halt so durch und irgendwie scheint es ja zu funktionieren.
Was ich hier teilweise schon an Fahrmanövern sah ist echt grenzwertig und hätte zumindest in Deutschland bei jedem einzelnen Manöver zu einem Crash geführt. Nicht in China. Hier ist einfach jeder ständig am Aufpassen.