The Real China Experience

我的生活在中国

Monat: November 2015

Verkehr

Der Verkehr in China macht auf den ersten Blick einen recht chaotischen Eindruck. Erst recht in den „kleineren“ Städten wie Bozhou, wo augenscheinlich einfach jeder fährt, wie er will und ständig wild am Hupen ist. Nachdem ich nun etwas länger hier bin, kann ich sagen; Es stimmt. Jeder fährt hier (fast) so, wie er will und ist ständig am Hupen.

Das klingt furchtbar, ergibt bei genauerer Betrachtung aber irgendwie sogar Sinn.

In China gibt es sehr nunmal sehr, sehr viele Menschen und dementsprechend viele Verkehrsteilnehmer. Von großen LKW, über normale PKW bis hin zu tausenden von kleineren Elektrobikes. Würde hier jeder nach deutschem Vorbild fahren, gäbe es meines Erachtens Staus und Unfälle en masse. Man kann den Verkehr in China mit den Worten „jeder schlängelt sich so durch“ beschreiben. Fährt jemand zu langsam vor dir? Einfach überholen, auch wenn man dazu auf die Gegenfahrbahn ausweichen muss. Der Gegenverkehr wiederrum sieht das kommende Hindernis und weicht auch entsprechend aus. Ist ein Spurwechsel nötig? Einfach Blinker setzen und langsam – aber sicher – die Spur wechseln. Die anderen werden schon ausweichen. Wenn nicht, muss man halt kurz warten. Irgendwie klappt das auch, wenn einer warten muss, dann wird nie gemeckert oder wild gestikuliert. Man kann eh nichts machen und jeder weiß, dass er beim nächsten Wendemaneuver inmitten der vierspurigen Straße selbst das Hindernis ist, auf welchen alle warten.

Jeder ist hier also ständig am Schauen, wo eine passende Lücke ist, wer einem entgegen kommt oder wer gerade einen Spurwechsel vollziehen will und richtet sich dementssprechend darauf ein. Das sieht dann alles recht wild aus, funktioniert aber kombiniert mit den riesigen Straßen in China relativ gut. Allein normale Straßen haben mindestens 4 Spuren, dazu gibt es links und rechts jeweils noch eine baulich getrennte extra Spur für kleinere Gefährte. Diese extra Spuren nutzen dann übrigens auch normale PKW, wenn man von der großen Hauptstraße abfahren muss. Sie dient zudem oft gleich als Parkspur.

Bin jetzt selbst schon ab und an mit einem Elektrobike herumgefahren und muss sagen, dass es relativ gut funktioniert. Speziell auf den separaten Straßen für Elektrobikes braucht man eigentlich keine Angst haben. Es wird zwar schon einmal eng und wirklich langsam fährt hier auch keiner, aber hält man sich an die Eigenheiten des Verkehrs, passiert auch nichts. Eine Eigenheit ist z. B. beim Spurwechsel das Recht der Vorfahrt. Nehmen wir an, zwei Autos fahren nebeneinander und der linke will auf die rechte Spur. Befindet er sich mit mind. einer halben Fahrzeuglänge vor dem anderen Fahrzeug, kann er einfach wechseln und der rechts hinter ihm hat einfach zu warten. Ausnahmen gibt es natürlich, aber so scheint das ungeschriebene Gesetz zu sein.

Und dann ist da noch das Hupen. In der chinesischen Fahrschule lernt man tatsächlich, dass man einen Spurwechsel mit Hupen ankündigen soll. Vermutlich soll man auch das Überholen mit Hupen – und Lichthupe – ankündigen. Überhaupt wird hier ständig gehupt. Immer. Überall. Egal wie leer die Straßen sind. Lieber einmal zuviel gehupt, als zu wenig, so scheint es mir. Bei den Elektrobikes, die teilweise super leise an Passanten vorbeifahren, ergibt es ja noch Sinn. Bei normalen PKW und normalem Verkehr entgeht mir der Sinn ein wenig, da ja nun alle ständig am Hupen sind und man es nur noch als Hintergrundgeräusch wahr nimmt, anstatt als Warnung / Signal. Dazu kommt dann noch das Fernlicht, welches teilweise gerne die ganze Fahrt über angelassen wird. Das blendet dann zwar die entgegenkommenden Teilnehmer, aber die müssen halt schauen „wie sie sich durchschlängeln“.

Gefahren wird hier übrigens überwiegend Automatikgetriebe (und natürlich Elektrofahrzeuge ohne Schalten) und immer, wenn ich mal in einem Auto mit Schaltgetriebe sitze, habe ich den Eindruck zu wissen, warum. Das ist jetzt nur eine Theorie und vermutlich subjektives Empfinden meinerseits, aber ich glaube die Chinesen kommen mit dem Schalten nicht so zurecht. Es wird erstaunlich oft sehr, sehr untertourig gefahren und sie verschalten sich öfter mal. Selbst das Anfahren im ersten Gang scheint für manche ein Hindernis zu sein und das selbst bei Taxifahrern, die den lieben langen Tag nix anderes machen. Ich hoffe es liegt nur an den alten Autos, aber komisch und vor allem auffallend ist es schon.

Auffallend ist so einiges am chinesischen Verkehr. Positiv fallen mir die Ampelschaltungen auf. Bei fast jeder Ampel ist eine Sekundenanzeige dabei, welche die verbleibenden Sekunden der jeweiligen Phase anzeigt. Das verkürzt die Wartezeit enorm und das obwohl manche Rot- oder Grünphasen schonmal 60 – 90 Sekunden lang sind. Irgendwie kommt es einem das Warten dann nicht so lang vor. Sollte es imho in Deutschland auch überall geben. Gut, der Nachteil ist natürlich, dass die meisten schon bei den letzten 10 Sekunden losfahren, aber generell wird sich schon an Ampeln gehalten. Was man von den übrigen Verkehrsschildern – wenn man welche überhaupt hier sieht – nicht so behaupten kann. Erst recht nicht „hupen verboten“ Schilder in Wohngegenden, etc.

Als letztes Detail fiel mir noch auf, wie hier kaum auf Bodenwellen geachtet wird. Auf den größeren Straßen oder auch in Wohngegenden findet man des öfteren mal mehr oder weniger ausgeprägt Bodenwellen zur Geschwindigkeitsreduzierung. Aber irgendwie jucken die nie einen. Es wird einfach mit vollem Karacho darüber gefahren oder teilweise einfach ausgewichen, was zu halb abgefahrenen Bodenwellen und wer weiß, wieviel kaputten Stoßdämpfern im Jahr führt. Schlaglöcher jedoch werden meistens gemieden. Wo da jetzt genau der Unterschied ist, weiß ich auch nicht.

Hefei again

Haben es nun doch schon nach Hefei geschafft, um endlich die Sache mit meinem Aufenthalt zu regeln. Für eine befristete (1 Jahr) Aufenthaltsgenehmigung benötigte ich ja noch den Gesundheitscheck, welchen wir nun endlich erledigen konnten. Dazu fuhren wir  zum „Hefei Entry-Exit Inspection and Quarantine Bureau“, praktisch dem Amt für Gesundheits- und Quarantäneangelegenheiten in Sachen Reisen und Sonstiges. Wir kamen glücklicherweise als erstes an die Anmeldung und so ging im Prinzip alles recht schnell. Man bekommt eine Liste mit abzuarbeitenden Checks wie z. B. EKG, Größe / Gewicht, Sehtest (inkl. Farbtest?!), Begutachtung von ggf. vorhandenen Operationsnarben, Blutprobe, Blutdruckmessung, ja sogar eine Urinprobe muss man abgeben. In 30 Minuten waren wir fertig und konnten uns ein bisschen Hefei anschauen.

Jawohl, 30 Minuten. Ich bin fest der Überzeugung, dass das ganze Prozedere in Deutschland locker mehrere Stunden gedauert hätte. Aber auch hier sieht man wieder, wie sehr die Chinesen auf die Menge an Leuten, die nunmal in dem Land leben, eingestellt sind. Die Empfangshalle allein hat Bahnhofsatmosphäre mit 4 „Schaltern“, an welchen von jedem die Daten aufgenommen werden, 5 Formulare jeweils mit mitgebrachten Fotos versehen werden und zur Sicherheit noch einmal direkt ein Foto am Schalter gemacht wird, was dann auf dem Deckblatt auftaucht. Dazu gibt’s ein Set von Barcodestickern und dann geht es ab zu den jeweiligen Stationen bzw. Zimmern. Dort wartet dann ein Doktor, der den ganzen Tag nix anderes macht, als Barcode scannen, Blutprobe nehmen, Barcodeaufkleber auf Blutprobe kleben, Station abstempeln, fertig. Das Ganze geht dann natürlich entsprechend schnell und wenn einer nicht spurt oder zu blöd ist, seinen Arm in die Blutdruckmessungsmaschine zu stecken, dann wird auch schonmal etwas nachgeholfen.

Mussten ja dann 2 Tage auf die Resultate warten und schauten uns derweil Hefei an, trafen ein paar Freunde, schauten uns beeindruckende Shopping Malls an und liefen teilweise einfach nur herum. Dabei konnte ich auch endlich mal ein bisschen fotografieren (siehe Bilder im Post), um euch etwas mehr von Hefei zu zeigen. Schon wenn man nach Hefei hereinfährt, merkt man einfach den „Stadtcharakter“ im Gegensatz zum „Dorf“ in welchem wir gerade noch leben. Alles wirkt irgendwie organisierter, sauberer, höher, größer, weiter, etc. Das gilt für Malls, Seitengassen, irgendwie einfach alles. Hier kann man es meiner Meinung nach definitiv aushalten. Meine Frau fand auch sogleich ein herrenloses Kätzchen, welches wir zwar noch nicht mitnehmen konnten, aber wir müssen ja bald noch einmal nach Hefei, evtl. klappt es ja dann.

Nachdem wir dann 2 Tage später die Resultate des Gesundheitschecks – welche in einem höchst offiziell aussehenden, kleinen, roten Büchlein daherkommen – abholten und in meinem Körper keine Abnormalitäten festgestellt wurden, konnten wir endlich mal den Antrag auf permanenten Aufenthalt einreichen. Es wurde zwar ein wenig komisch geguggt und noch ein paar Fragen gestellt, aber schließlich doch alles abgestempelt, zusammengeheftet und in die Bearbeitung gereicht. Nun müssen wir knapp 20 Tage warten und dann kann ich wohl meinen Titel endlich abholen und habe das nun endlich aus dem Hinterkopf.

Dann fängt ganz anderer Stress an…